Michelsen Castanon, Karen
Flowers Beneath Our Feet, 2022
Courtesy: Keiko Kimoto, Lizza May David, Gabriel Rossell Santillán
Karen Michelsen Castañón verbindet in ihren Arbeiten
verschiedene Bildquellen und interdisziplinäre Verfahren miteinander, um Bilder von Dekolonialisierung zu zeigen. Diese Methode beruht auf Michelsens Ausbildung in textiler Kunst. Wie Michelsen selbst erzählt, hat sie bereits Stoffe gewebt, bestickt und gefärbt – alles Methoden der Textilproduktion – lange bevor
sie sich mit Videoarbeiten auseinandergesetzt hat.
Während ihres Masterstudiums in bildender Kunst in Deutschland entschied sie sich dazu, ihre Stimme über audiovisuelle Techniken in diesen Kontext einzubringen. Über ihre Videoarbeiten schafft die Künstlerin einen Raum, in welchem eine Wendung, ein „Turn“, bezüglich des Verständnisses von Kolonialität und
Kolonialgeschichte stattfinden kann. In ihrer Videoarbeit Une crèche en Chine (Eine Kindertagesstätte in China, 2014) verwebt die Künstlerin Dokumente und
Interviews mit AktivistInnen und AkademikerInnen
zu einem Essay, welcher einen Aspekt des kolonialen
Weltbildes, der der weißen
christlichen zivilisatorischen Mission von Kindern innewohnt, kritisch beleuchtet. Auch filmte und editierte sie ein Video, bei
welchem das National Movement of Maya Weavers
of Guatemala (2020) Regie führte. In diesem prangern die WeberInnen den guatemaltekischen Staat
für seine umfassende und tiefgreifende Ausbeutung
ihres Lebens an. Teil dieser Ausbeutung ist, dass west-
liche DesignerInnen sich das Wissen über Weberei sowie die Muster der Frauen ohne jegliche Sanktionen aneignen können. Ihre audiovisuelle Interview-Reihe No más poemas para Colón (Keine Gedichte mehr für Kolumbus) entstand parallel zu einer Stickerei mit demselben Titel. Die Textilien in ihren Arbeiten
kommunizieren Geschichten, die über eurozentrische
Geschichtsnarrative hinausreichen und aktuelle politische Fragen behandeln – weil das Feld der bildenden Künste niemals neutral ist. Die von Karen Michelsen Castañón und Gabriel Rossell Santillán entwickelte Textilcollage verwebt Traditionen, Wissen, Stimmen, Bilder und Spiritualität miteinander. Inspiriert von Rossell Santilláns Projekt über einen aus dem
16. Jahrhundert stammenden Moghul-Wandteppich,
umfasst die Arbeit Elemente einer historischen Tapisserie – wie Pflanzen und Tiere – sowie Wissen über Prozesse des Textilhandwerks in Form von Vokabular aus dem Nahuatl und Quechua.
Text: Andrea Meza Torres; deutsche Übersetzung: Johanna Schindler
Karen Michelsen Castañón verbindet in ihren Arbeiten
verschiedene Bildquellen und interdisziplinäre Verfahren miteinander, um Bilder von Dekolonialisierung zu zeigen. Diese Methode beruht auf Michelsens Ausbildung in textiler Kunst. Wie Michelsen selbst erzählt, hat sie bereits Stoffe gewebt, bestickt und gefärbt – alles Methoden der Textilproduktion – lange bevor
sie sich mit Videoarbeiten auseinandergesetzt hat.
Während ihres Masterstudiums in bildender Kunst in Deutschland entschied sie sich dazu, ihre Stimme über audiovisuelle Techniken in diesen Kontext einzubringen. Über ihre Videoarbeiten schafft die Künstlerin einen Raum, in welchem eine Wendung, ein „Turn“, bezüglich des Verständnisses von Kolonialität und
Kolonialgeschichte stattfinden kann. In ihrer Videoarbeit Une crèche en Chine (Eine Kindertagesstätte in China, 2014) verwebt die Künstlerin Dokumente und
Interviews mit AktivistInnen und AkademikerInnen
zu einem Essay, welcher einen Aspekt des kolonialen
Weltbildes, der der weißen
christlichen zivilisatorischen Mission von Kindern innewohnt, kritisch beleuchtet. Auch filmte und editierte sie ein Video, bei
welchem das National Movement of Maya Weavers
of Guatemala (2020) Regie führte. In diesem prangern die WeberInnen den guatemaltekischen Staat
für seine umfassende und tiefgreifende Ausbeutung
ihres Lebens an. Teil dieser Ausbeutung ist, dass west-
liche DesignerInnen sich das Wissen über Weberei sowie die Muster der Frauen ohne jegliche Sanktionen aneignen können. Ihre audiovisuelle Interview-Reihe No más poemas para Colón (Keine Gedichte mehr für Kolumbus) entstand parallel zu einer Stickerei mit demselben Titel. Die Textilien in ihren Arbeiten
kommunizieren Geschichten, die über eurozentrische
Geschichtsnarrative hinausreichen und aktuelle politische Fragen behandeln – weil das Feld der bildenden Künste niemals neutral ist. Die von Karen Michelsen Castañón und Gabriel Rossell Santillán entwickelte Textilcollage verwebt Traditionen, Wissen, Stimmen, Bilder und Spiritualität miteinander. Inspiriert von Rossell Santilláns Projekt über einen aus dem
16. Jahrhundert stammenden Moghul-Wandteppich,
umfasst die Arbeit Elemente einer historischen Tapisserie – wie Pflanzen und Tiere – sowie Wissen über Prozesse des Textilhandwerks in Form von Vokabular aus dem Nahuatl und Quechua.
Text: Andrea Meza Torres; deutsche Übersetzung: Johanna Schindler