Künstler*Innen

Odahara, Lucas

Sleepless. Colonial Palace, 2022
Courtesy: Lucas Odahara, Foto: Lucas Odahara

Lucas Odaharas Arbeiten untersuchen das persönliche und historische Gedächtnis hinsichtlich der Verortung von Erfahrungen und Personen, die in dominanten historischen Narrativen schwer auszumachen sind. Dazu verwendet er verschiedene Medien wie Skulptur, Wandmalereien auf Keramik, Text und Sound. Während der Triennale Kleinplastik Fellbach zeigt Odahara mit Sleepless, Colonial Palace (2022) eine Installation, die hängende glasierte Keramikfliesen und Arbeiten auf Papier umfasst und Schlaflosigkeit als Auswirkung sowohl früherer als auch anhaltender imperialer Verhältnisse untersucht. Wer ist schlaflos und wer schläft? Diese Frage könnte sowohl wörtlich verstanden werden – jüngst haben Studien beispielsweise gezeigt, dass weiße Menschen durchschnittlich besser schlafen als nichtweiße Menschen – oder im übertragenen Sinn: imperiale Träume leben im Globalen Norden fort, während es Objekten aus Plünderungen und sogar Überresten derjenigen Menschen, deren Welten durch den Imperialismus zerstört wurden, unmöglich ist, auf den Regalböden in Museen und Forschungssammlungen Ruhe zu finden.
In Sleepless, Colonial Palace ist der ruhende Ort selbst der schlaflose Gegenstand. Odaharas glasierte Fliesen zeigen Objekte, die in europäischen ethnografischen Sammlungen als „Kopfstützen“ katalogisiert wurden. Dazu gedacht, dem Kopf während des Schlafs als Unterlage zu dienen, lassen sich diese Gegenstände zu einer Vielzahl einst kolonisierter Gegenden auf der gesamten Welt zurückverfolgen. Heute werden sie in verschiedenen Sammlungen im Globalen Norden „gehalten“, darunter das Humboldt Forum, Berlin, das Victoria and Albert Museum, London, und die University of California, Los Angeles. Eine Reihe Grafit-Zeichnungen erforscht die Innenräume moderner, im Kolonialstil eingerichteter Motels, darunter eines im Wohnviertel der Eltern des Künstlers in São Paulo, Brasilien. Gemeinsam fungieren die Kopfstützen und Motel-Innenräume als Vertretung für die abwesenden Körper ihrer Nutzerinnen und öffnen so den Raum für die Projektionen und Begehren der BetrachterInnen.
Bemalte Keramikfliesen sind ein häufiges vom Künstler verwendetes Medium. Die Technik horcht den historische Szenen zeigenden Keramik Wandmalereien nach, die in Brasilien – dem Geburtsort des Künstlers – mit Ankunft niederländischer Kolonisatoren populär wurden. Wie in Odaharas Arbeiten üblich, werden die Instrumente westlicher Geschichte hier zu Vehikeln nicht nur anderer Geschichten, sondern anderer Weisen der Geschichtsschreibung.

Text: Scott Roben

Lucas Odaharas Arbeiten untersuchen das persönliche und historische Gedächtnis hinsichtlich der Verortung von Erfahrungen und Personen, die in dominanten historischen Narrativen schwer auszumachen sind. Dazu verwendet er verschiedene Medien wie Skulptur, Wandmalereien auf Keramik, Text und Sound. Während der Triennale Kleinplastik Fellbach zeigt Odahara mit Sleepless, Colonial Palace (2022) eine Installation, die hängende glasierte Keramikfliesen und Arbeiten auf Papier umfasst und Schlaflosigkeit als Auswirkung sowohl früherer als auch anhaltender imperialer Verhältnisse untersucht. Wer ist schlaflos und wer schläft? Diese Frage könnte sowohl wörtlich verstanden werden – jüngst haben Studien beispielsweise gezeigt, dass weiße Menschen durchschnittlich besser schlafen als nichtweiße Menschen – oder im übertragenen Sinn: imperiale Träume leben im Globalen Norden fort, während es Objekten aus Plünderungen und sogar Überresten derjenigen Menschen, deren Welten durch den Imperialismus zerstört wurden, unmöglich ist, auf den Regalböden in Museen und Forschungssammlungen Ruhe zu finden.
In Sleepless, Colonial Palace ist der ruhende Ort selbst der schlaflose Gegenstand. Odaharas glasierte Fliesen zeigen Objekte, die in europäischen ethnografischen Sammlungen als „Kopfstützen“ katalogisiert wurden. Dazu gedacht, dem Kopf während des Schlafs als Unterlage zu dienen, lassen sich diese Gegenstände zu einer Vielzahl einst kolonisierter Gegenden auf der gesamten Welt zurückverfolgen. Heute werden sie in verschiedenen Sammlungen im Globalen Norden „gehalten“, darunter das Humboldt Forum, Berlin, das Victoria and Albert Museum, London, und die University of California, Los Angeles. Eine Reihe Grafit-Zeichnungen erforscht die Innenräume moderner, im Kolonialstil eingerichteter Motels, darunter eines im Wohnviertel der Eltern des Künstlers in São Paulo, Brasilien. Gemeinsam fungieren die Kopfstützen und Motel-Innenräume als Vertretung für die abwesenden Körper ihrer Nutzerinnen und öffnen so den Raum für die Projektionen und Begehren der BetrachterInnen.
Bemalte Keramikfliesen sind ein häufiges vom Künstler verwendetes Medium. Die Technik horcht den historische Szenen zeigenden Keramik Wandmalereien nach, die in Brasilien – dem Geburtsort des Künstlers – mit Ankunft niederländischer Kolonisatoren populär wurden. Wie in Odaharas Arbeiten üblich, werden die Instrumente westlicher Geschichte hier zu Vehikeln nicht nur anderer Geschichten, sondern anderer Weisen der Geschichtsschreibung.

Text: Scott Roben

Sleepless. Colonial Palace, 2022
Courtesy: Lucas Odahara, Foto: Lucas Odahara